Durch die Corona-Pandemie ist viel Bewegung in das Thema Arbeitsrecht gekommen. Denken wir zum Beispiel an Homeoffice oder notwendige Kinderbetreuung und damit verbunden erhält auch das Thema Kündigungsschutz wieder mehr Brisanz und Relevanz. Einem Arbeitnehmer werden hierzulande zahlreiche Rechte zugestanden, ein echter Vorteil unseres sozialen Rechtsstaates, woran aber auch einige Pflichten geknüpft sind. Eine davon ist die Auskunftspflicht hinsichtlich anderweitigen Erwerbs im Zusammenhang mit der Zahlung von Annahmeverzugslohn. Dieses Thema soll nachfolgend genauer beschrieben und erläutert werden.

Es ist ein typischer Fall im deutschen Rechtssystem: Ein Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer und dieser macht von den ihm zustehenden Kündigungsschutzrechten Gebrauch, so dass ein Schwebezustand entsteht, da weder die Wirksamkeit noch die Unwirksamkeit der Kündigung feststeht. Da der Arbeitgeber jedoch von der Wirksamkeit und dem Grund der Kündigung überzeugt ist, stellt er die Lohnzahlung nach Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist ein. Sollte sich die Kündigung sodann jedoch im Ergebnis eines lange andauernden Kündigungsschutzrechtsstreits als unwirksam erweisen, wird der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in aller Regel mit Ansprüchen auf Annahmeverzugslohn konfrontieren, welche ihm gemäß § 615 BGB für die Zeit zustehen, in welcher der Arbeitgeber die angebotene Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht angenommen hat. In der Regel handelt es sich dabei um die Zeit zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtswirksamkeit der Kündigung, so dass schnell Annahmeverzugslohnansprüche in Höhe von mehreren Monats- oder Jahreslöhnen entstehen können.

Im Ergebnis besteht somit ein erhebliches finanzielles Risiko für den Arbeitgeber. Dieser hat daher ein gesteigertes Interesse daran, dem Arbeitnehmer gemäß § 11 (2) KSchG den Einwand des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes entgegenzuhalten. Hierzu ist der Arbeitgeber jedoch zwingend auf Auskünfte des Arbeitnehmers angewiesen, ob sich diesem anderweitige Verdienstmöglichkeiten aufgezeigt haben und er insbesondere Vermittlungsvorschläge von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter erhalten hat.

Wie ist damit umzugehen? Besteht eine Auskunftspflicht oder nicht? Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 27. Mai 2020 (Az.: 5 AZR 387/19) diesen Anspruch bestätigt und mit § 242 BGB begründet. Konkret bedeutet dies, dass es zwar grundsätzlich keine Pflicht zur Auskunftserteilung für die Parteien eines Rechtsstreits gibt, jedoch von diesem Grundsatz abweichend eine Auskunftspflicht nach Treu und Glauben bestehen kann. Um dies zu erreichen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Vorliegen einer besonderen rechtlichen Beziehung.
  • Eine dem Grunde nach feststehende oder im vertraglichen Bereich zumindest wahrscheinliche Existenz eines Leistungsanspruchs des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner.
  • Eine entschuldbare Ungewissheit des Auskunftsfordernden über Bestehen und Umfang seiner Rechte.
  • Die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung durch den Anspruchsgegner.
  • Und zudem dürfen durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden.

Im vorab geschilderten Fall treffen diese Voraussetzungen vollumfänglich zu, denn:

  • Zwischen beiden besteht durch das Arbeitsverhältnis die erforderliche Sonderrechtsbeziehung.
  • Die geforderte Wahrscheinlichkeit eines Leistungsanspruchs besteht, da der Arbeitnehmer sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hatte und diese nach § 35 Abs. 1 SGB III verpflichtet ist Arbeitsvermittlung anzubieten.
  • Durch das nach § 35 SGB I geschützte Sozialgeheimnis hat der Arbeitgeber keine Möglichkeit oder Anspruch darauf die nötigen Informationen selbst in Erfahrung zu bringen.
  • Der Arbeitnehmer hingegen kann die geforderten Auskünfte unschwer und absolut zumutbar geben, denn er kennt die an ihn übermittelten Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit
  • Auch die allgemeinen Beweisgrundsätze werden nicht unterlaufen, denn es liegt auch nach Erteilung der Auskunft noch immer am Arbeitgeber die Einwendungen des böswilligen Unterlassens anderweitigen Verdienstes so substanziell zu begründen, dass sich der Arbeitnehmer im Wege abgestufter Darlegungs- und Beweislast hierzu einlassen kann.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass ein Arbeitgeber gegen einen Arbeitnehmer, der Annahmeverzugslohn fordert, einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und/oder dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge hat. Die Grundlage für dieses Auskunftsbegehren ist eine zu erfüllende Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB.

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